Deutsche Aushilfskassen: Wie funktioniert das System für Grenzgänger in der Schweiz?
Alles, was du rund um Aushilfskasse wissen musst.
Grenzgängerinnen und Grenzgänger arbeiten in der Schweiz, wohnen aber in Deutschland. Nach dem Erwerbsortsprinzip sind sie grundsätzlich im Beschäftigungsland krankenversicherungspflichtig. Wer also in der Schweiz arbeitet, muss sich innerhalb von drei Monaten nach Arbeitsbeginn dort versichern – es sei denn, er nutzt das sogenannte Optionsrecht und bleibt in Deutschland krankenversichert.
Entscheidet man sich für die Schweizer Krankenversicherung nach KVG, bleibt die medizinische Versorgung in Deutschland über eine deutsche Aushilfskasse möglich. Wie dieses System funktioniert und welche Voraussetzungen gelten, zeige ich dir jetzt.
In diesem Beitrag

Krankenversicherung und Optionsrecht für Grenzgänger
In der Schweiz gilt für alle Beschäftigten die Krankenversicherungspflicht nach dem Krankenversicherungsgesetz (KVG). Die Versicherung ist nicht automatisch über den Arbeitgeber organisiert, sondern muss selbst abgeschlossen werden.
Grenzgängerinnen und Grenzgänger aus Deutschland haben das sogenannte Optionsrecht. Innerhalb von drei Monaten nach Arbeitsbeginn können sie bei der zuständigen kantonalen Behörde in der Schweiz einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht stellen. Voraussetzung dafür ist der Nachweis eines gleichwertigen Kranken- und Pflegeversicherungsschutzes, der mindestens den Leistungen der Schweizer Grundversicherung entspricht und sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz gilt.
Zur Auswahl stehen eine freiwillige gesetzliche Krankenversicherung in Deutschland oder eine private Krankenversicherung in Deutschland. Wird eine dieser Optionen gewählt, stellt der Kanton die Befreiung schriftlich aus. Erfolgt kein fristgerechter Antrag, muss eine Schweizer Krankenkasse gewählt werden.
Das Optionsrecht ist verbindlich und ein späterer Wechsel während desselben Beschäftigungsverhältnisses nur in wenigen Ausnahmefällen möglich. Die meisten Grenzgänger entscheiden sich für die Schweizer Pflichtversicherung nach KVG, da diese oft günstiger ist und gleichzeitig eine medizinische Versorgung in Deutschland ermöglicht. Diese Versorgung erfolgt über die sogenannte deutsche Aushilfskasse.
Was ist die deutsche Aushilfskasse und wie funktioniert sie?
Die deutsche Aushilfskasse ist eine gesetzliche Krankenkasse in Deutschland, die Grenzgänger mit Wohnsitz in Deutschland bei medizinischen Behandlungen im Wohnland betreut. Die Grundlage dafür ist das EU-/EFTA-Abkommen, das sicherstellt, dass Grenzgänger in Deutschland medizinisch versorgt werden können, als wären sie dort krankenversichert.
Wenn du in der Schweiz arbeitest und dich nach dem Krankenversicherungsgesetz (KVG) dort versicherst, erhältst du von deiner Schweizer Krankenkasse das Formular S1. Dieses gibst du bei einer deutschen Krankenkasse deiner Wahl ab. Die gewählte Kasse wird damit zu deiner Aushilfskasse und stellt dir eine deutsche Gesundheitskarte aus. Mit dieser Karte kannst du in Deutschland alle Sachleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nutzen.
Die Abrechnung läuft direkt zwischen der deutschen und der Schweizer Krankenkasse.
An die Aushilfskasse zahlst du keine Beiträge. Deine Prämien gehen weiterhin ausschließlich an die Schweizer Krankenkasse.
Welche Krankenkasse eignet sich als Aushilfskasse?
Für die regulären Gesundheitsleistungen gibt es zwischen den gesetzlichen Krankenkassen keine großen Unterschiede. Der Leistungskatalog nach Sozialgesetzbuch V gilt für alle gleichermaßen. Jede Aushilfskasse bietet also dieselben medizinischen Sachleistungen wie für regulär gesetzlich Versicherte.
Unterschiede zeigen sich eher im Service, in der Erreichbarkeit und bei freiwilligen Zusatzangeboten.
AOK (Allgemeine Ortskrankenkasse)
Die AOKen sind regional organisiert, etwa AOK Baden-Württemberg oder AOK Bayern. Sie bieten ein dichtes Netz an Geschäftsstellen und persönliche Beratung vor Ort. In Grenzregionen kennen die Mitarbeiter häufig die Anliegen von Grenzgängern und helfen bei Formularen. Manche AOKen haben besondere Versorgungsprogramme oder Zusatzleistungen wie Zuschüsse zu Osteopathie oder Präventionskursen.
Ob Grenzgänger diese nutzen können, hängt vom Einzelfall ab, da für freiwillige Satzungsleistungen oft eine reguläre Mitgliedschaft nötig ist. Als Aushilfskasse ist jede AOK wählbar, sofern der Wohnort im Zuständigkeitsgebiet liegt.
Techniker Krankenkasse (TK)
Die TK ist bundesweit geöffnet und bekannt für digitale Services und schnelle Abläufe. Als Aushilfskasse reicht die Vorlage des S1-Formulars, ein regulärer Mitgliedschaftsantrag entfällt.
Die TK bietet viele freiwillige Extras wie Auslandsreisekrankenversicherung über Partner oder sportmedizinische Programme, die jedoch für Grenzgänger ohne Beitragszahlung meist nicht relevant sind. Für die medizinische Versorgung in Deutschland erfüllt die TK den gesetzlichen Leistungskatalog vollständig.
Barmer
Die Barmer ist eine große Ersatzkasse mit bundesweiter Präsenz. Sie kann ohne Einschränkungen als Aushilfskasse eingetragen werden. Zusatzversicherungen bietet sie in Kooperation mit der HUK-Coburg an, zum Beispiel für Zahnersatz oder Krankenhausleistungen. Für Grenzgänger gilt im Aushilfskassen-Modell derselbe Leistungsumfang wie bei anderen GKVen.
DAK-Gesundheit
Die DAK ist bundesweit geöffnet und kann sowohl bei freiwilliger Versicherung im Rahmen des Optionsrechts als auch als Aushilfskasse gewählt werden. Sie arbeitet bei Zusatzversicherungen mit der HanseMerkur zusammen. Grenzgänger mit Schweizer KVG-Versicherung und DAK als Aushilfskasse profitieren oft von geringeren Kosten.
BKK (Betriebskrankenkassen)
Viele geöffnete BKKen wie die BKK VBU oder die Siemens-BKK stehen auch Grenzgängern offen. Manche wählen diese, weil ihr deutscher Arbeitgeber dort versichert war oder besondere Zusatzleistungen interessant erscheinen. Als Aushilfskasse gelten die gleichen Bedingungen wie bei anderen GKVen. Wichtig ist, dass die BKK für den Wohnort zugelassen ist, da einige kleinere BKKen regional oder betrieblich eingeschränkt sind.
Jede deutsche gesetzliche Krankenkasse mit offenem Versichertenkreis kann als Aushilfskasse fungieren. Die Wahl hängt vor allem von persönlichen Vorlieben ab, etwa dem Vertrauen in die Kasse, dem Service oder der späteren Nutzung als Hauptkasse bei einer Rückkehr nach Deutschland. In Bezug auf die übernommenen Leistungen in Deutschland gibt es keine Unterschiede, da alle denselben gesetzlichen Leistungskatalog erfüllen.
Zusatzangebote oder Bonusprogramme spielen hier eine untergeordnete Rolle, da Grenzgänger in der Aushilfskassenfunktion keine Beiträge zahlen.
Welche Voraussetzungen müssen Grenzgänger für die Nutzung der Aushilfskasse erfüllen?
Damit Grenzgängerinnen und Grenzgänger die Leistungen einer deutschen Aushilfskasse in Anspruch nehmen können, müssen mehrere Bedingungen erfüllt sein.
- Wohnsitz und Grenzgängerstatus: Der Wohnsitz muss in Deutschland liegen und die Erwerbstätigkeit in der Schweiz stattfinden. In der Regel ist ein Grenzgängerausweis (Ausweis G) erforderlich, der zur Wohnsitznahme in Deutschland bei gleichzeitiger Arbeit in der Schweiz berechtigt. Voraussetzung dafür ist, dass man regelmäßig, mindestens einmal pro Woche, an den Wohnort in Deutschland zurückkehrt. Nur mit diesem Status greifen die bilateralen Regelungen zur Gesundheitsversorgung im Wohnland.
- Pflichtversicherung oder Befreiung in der Schweiz: Es muss entweder eine obligatorische Krankenpflegeversicherung nach KVG in der Schweiz bestehen oder eine offizielle Befreiung von der Versicherungspflicht (Optionsrecht) vorliegen. Die Aushilfskasse ist an die Schweizer KVG-Versicherung gekoppelt. Wer das Optionsrecht nutzt und in Deutschland versichert bleibt, benötigt keine Aushilfskasse.
- Beantragung des Formulars S1: Nach Abschluss der Schweizer Krankenversicherung stellt die Krankenkasse das Formular S1 (früher E106) aus. Dieses wird bei einer frei gewählten deutschen Krankenkasse eingereicht. Die Aushilfskasse trägt sich in das Formular ein und meldet dies zurück an die Schweizer Kasse. In vielen Fällen kann die gewünschte deutsche Krankenkasse bereits bei Abschluss der Schweizer Versicherung angegeben werden.
- Nachweis gleichwertiger Versicherung im Befreiungsfall: Wer das Optionsrecht nutzen möchte, muss innerhalb von drei Monaten nach Arbeitsbeginn beim zuständigen Kanton eine Befreiung beantragen. Dem Antrag ist ein Nachweis der deutschen Krankenversicherung beizulegen, der bestätigt, dass der Versicherungsschutz mindestens dem Schweizer KVG entspricht und sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz gilt.
Krankenversicherung der Familienangehörigen
Für nicht erwerbstätige Angehörige gibt es mehrere Möglichkeiten:
- Versicherung in der Schweiz: Angehörige können freiwillig der Schweizer KVG beitreten und erhalten ein eigenes S1-Formular für Behandlungen in Deutschland. Für Kinder sind die Prämien oft deutlich niedriger.
- Versicherung in Deutschland: Über das Optionsrecht können Angehörige in der deutschen GKV beitragsfrei familienversichert werden. Der Grenzgänger zahlt dann jedoch den vollen Beitrag allein.
- Mischmodelle: Etwa wenn ein Ehepartner in Deutschland arbeitet und dort versichert ist, während die Kinder über den Grenzgänger in der Schweiz versichert werden.
Sind diese Voraussetzungen erfüllt und das S1-Formular bei der deutschen Krankenkasse eingereicht, kann die medizinische Versorgung in Deutschland ohne Einschränkungen genutzt werden.
Wie läuft der Antrag für die Aushilfskasse ab?
Der Weg zur Aushilfskasse hängt davon ab, ob man sich für die Schweizer Krankenversicherung nach KVG entscheidet oder das Optionsrecht nutzt und in Deutschland versichert bleibt.
1. Schweizer Krankenversicherung abschließen (KVG-Modell)
Nach Unterzeichnung des Arbeitsvertrags in der Schweiz wählt der Grenzgänger eine Schweizer Krankenkasse für die Grunddeckung nach KVG. Alle Anbieter haben denselben gesetzlichen Leistungskatalog, unterscheiden sich jedoch in Prämienhöhe und Service. Die Prämie ist einkommensunabhängig. Nach Abschluss erhält man eine Versicherungsbestätigung und eine Schweizer Versichertenkarte für Behandlungen in der Schweiz.
2. Formular S1 (früher E106) erhalten
Bei der Anmeldung in der Schweizer Krankenkasse gibt der Grenzgänger an, dass er in Deutschland wohnt und eine Aushilfskasse benennen möchte. Die Schweizer Kasse stellt daraufhin das Formular S1 aus. Dieses wird entweder direkt an die deutsche Krankenkasse gesendet oder dem Versicherten zur Weiterleitung übergeben. S1 und E106 sind identisch und enthalten zweisprachig alle relevanten Daten.
3. Registrierung bei der deutschen Krankenkasse
Die gewählte deutsche Krankenkasse trägt die Angaben in das S1 ein und meldet dies an die Schweizer Kasse zurück. Anschließend stellt sie eine elektronische Gesundheitskarte aus. Der Grenzgänger ist damit offiziell leistungsberechtigt, ohne eine klassische Mitgliedschaft zu haben. Mit dieser Karte können alle Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland genutzt werden.
4. Nutzung der medizinischen Leistungen
Mit zwei Versicherungskarten – einer Schweizer und einer deutschen – kann der Grenzgänger selbst entscheiden, wo er sich behandeln lässt. In Deutschland nutzt er die deutsche Karte, in der Schweiz die Schweizer. Die Kostenbeteiligung richtet sich nach den Regeln des jeweiligen Landes.
5. Befreiung von der Schweizer Versicherungspflicht (Optionsrecht)
Wer keine Schweizer KVG-Versicherung möchte, muss innerhalb von drei Monaten einen Befreiungsantrag beim zuständigen Kanton stellen. Voraussetzung ist eine gleichwertige deutsche Krankenversicherung, gesetzlich oder privat. Bei einer freiwilligen Mitgliedschaft in der GKV oder einer PKV trägt der Versicherte die Kosten direkt an seinen deutschen Versicherer. In diesem Fall gibt es kein S1-Formular und keine Aushilfskasse.
Leistungsumfang: Vergleich der Schweizer KVG-Grundversicherung und der deutschen GKV über die Aushilfskasse
Grenzgänger mit einer Schweizer KVG-Versicherung und einer deutschen Aushilfskasse können medizinische Leistungen in beiden Ländern nutzen. Dabei gilt: Die Schweizer KVG deckt Behandlungen in der Schweiz ab, die Aushilfskasse übernimmt Leistungen in Deutschland. Der Umfang der Leistungen richtet sich jeweils nach den Regeln des Landes, in dem die Behandlung erfolgt.
Ambulante Behandlungen
In der Schweiz übernimmt die KVG notwendige ambulante Behandlungen bei anerkannten Ärzten und Fachärzten. Dazu gehören auch chiropraktische Behandlungen sowie ärztlich verordnete Therapien wie Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie. Hebammenbetreuung, Spitex-Leistungen und medizinisch notwendige Ernährungsberatung sind ebenfalls abgedeckt.
In Deutschland können Grenzgänger mit Aushilfskasse alle ambulanten Leistungen in Anspruch nehmen, die das Sozialgesetzbuch V vorsieht. Das schließt die freie Arztwahl, Vorsorgeuntersuchungen, Impfungen, ambulante Operationen sowie Physio- und Ergotherapie ein.
Wichtiger Unterschied: In der Schweiz müssen Versicherte erst ihre gewählte Franchise und eine Eigenbeteiligung zahlen, bevor die KVG leistet. In Deutschland fallen stattdessen feste Zuzahlungen wie Rezeptgebühren an.
Stationäre Behandlungen
Die Schweizer KVG sichert Aufenthalte in der allgemeinen Pflegeklasse öffentlicher oder gelisteter Spitäler des Wohn- oder Arbeitskantons. Außerkantonale Behandlungen sind nur in Notfällen oder mit spezieller Genehmigung möglich.
In Deutschland übernimmt die Aushilfskasse Krankenhausaufenthalte in der allgemeinen Pflegeklasse in allen Vertragskliniken. Enthalten sind medizinisch notwendige Operationen, Medikamente im Krankenhaus sowie Rehabilitations- oder Kurmaßnahmen, sofern diese ärztlich verordnet sind.
Medikamente und Hilfsmittel
In der Schweiz werden nur Medikamente übernommen, die auf der offiziellen Spezialitätenliste stehen, und ärztlich verordnete Hilfsmittel wie Verbandmaterial oder medizinische Geräte.
In Deutschland übernimmt die Aushilfskasse alle apothekenpflichtigen Medikamente auf Kassenrezept sowie Hilfsmittel wie Brillen für Kinder bis 18 Jahre, Hörgeräte, Prothesen oder Gehhilfen. Meist fallen dabei feste Zuzahlungen an. Die deutsche Regelung ist bei manchen Hilfsmitteln, insbesondere für Kinder, großzügiger als die Schweizer.
Zahnbehandlungen und Zahnersatz
Die Schweizer Grundversicherung deckt keine Routinezahnbehandlungen oder Zahnersatz. Kosten werden nur übernommen, wenn der Schaden unfallbedingt oder durch eine schwere Erkrankung des Kausystems verursacht wurde.
In Deutschland sind Zahnbehandlungen wie Füllungen oder Extraktionen sowie Zuschüsse zu Zahnersatz enthalten. Diese Zuschüsse decken etwa 60 Prozent der Regelversorgung, bei regelmäßig geführtem Bonusheft bis zu 75 Prozent. Eigenanteile bleiben jedoch hoch, weshalb viele Grenzgänger zusätzlich eine private Zahnzusatzversicherung abschließen.
Mutterschaft und Familie
In der Schweiz übernimmt die KVG Vorsorgeuntersuchungen, Ultraschalluntersuchungen, die Geburt im Spital, Geburtshaus oder zu Hause sowie Nachsorgeuntersuchungen. Für diese Leistungen entfallen Franchise und Selbstbehalt.
In Deutschland übernimmt die Aushilfskasse ebenfalls alle Vorsorgeleistungen nach den Mutterschaftsrichtlinien, die Geburt im Krankenhaus inklusive Hebammenhilfe sowie die Wochenbettbetreuung. Mutterschaftsgeld nach deutschem Recht gibt es jedoch nicht, da es an ein deutsches Arbeitsverhältnis gekoppelt ist. In der Schweiz besteht Anspruch auf 14 Wochen Mutterschaftsurlaub mit 80 Prozent Lohnausgleich.
Pflegeversicherung und Pflegeleistungen
Das Schweizer KVG enthält keine eigenständige Pflegeversicherung. Es gibt lediglich begrenzte Leistungen für häusliche Pflege oder Pflegeheimaufenthalte.
In Deutschland sind alle GKV-Versicherten automatisch in der sozialen Pflegeversicherung abgesichert. Grenzgänger mit KVG-Versicherung können im Pflegefall Sachleistungen wie Pflegedienste, Pflegehilfsmittel oder Heimunterbringung erhalten. Kein Anspruch besteht jedoch auf Pflegegeld, das bei häuslicher Pflege durch Angehörige gezahlt würde. Private Zusatzversicherungen können hier Versorgungslücken schließen.
Eigenbeteiligungen und Zuzahlungen
Die Kostenbeteiligung der Versicherten ist in der Schweiz und in Deutschland sehr unterschiedlich geregelt.
In der Schweiz wählt jede versicherte Person eine Jahresfranchise, also einen festen Selbstbehalt, zwischen 300 und 2.500 CHF. Bei Kindern liegt die Franchise meist bei 0 CHF. Erst wenn diese Summe erreicht ist, beteiligt sich die Krankenkasse an den Kosten. Danach zahlen Versicherte zusätzlich 10 Prozent Selbstbehalt auf alle Leistungen, maximal 700 CHF pro Jahr (350 CHF bei Kindern). Bei einer Standardfranchise von 300 CHF liegt die maximale Eigenleistung pro Jahr also bei 1.000 CHF.
Diese Regel gilt sowohl für ambulante als auch für stationäre Behandlungen.
In Deutschland gibt es keine Jahresfranchise. Stattdessen sind nur kleinere Zuzahlungen fällig, etwa 5 bis 10 Euro pro verschriebenem Medikament, 10 Euro pro Tag im Krankenhaus (maximal 28 Tage pro Jahr) oder 5 bis 10 Euro für Heil- und Hilfsmittel. Für Kinder unter 18 Jahren entfallen Zuzahlungen komplett. Die jährliche Belastungsobergrenze liegt bei 2 Prozent des Bruttoeinkommens, bei chronisch Kranken bei 1 Prozent. Wer diese Grenze erreicht, kann sich von weiteren Zuzahlungen befreien lassen.
Für Grenzgänger bedeutet das: Im deutschen System fallen deutlich geringere Eigenkosten an. Viele lassen planbare Behandlungen daher lieber in Deutschland durchführen, um die Schweizer Franchise zu umgehen. Dank der Aushilfskasse werden diese Leistungen dort ohne Selbstbehalt erbracht, abgesehen von den üblichen kleinen Zuzahlungen.
| Schweizer KVG (Arbeitsland) | Deutsche GKV – Aushilfskasse (Wohnland) | |
|---|---|---|
| Ambulante Behandlung | Freie Arztwahl bei anerkannten Ärzten und Chiropraktikern, Therapeuten nach Verordnung, Kostenübernahme gemäß KVG-Leistungen. | Freie Arztwahl unter Kassenärzten, Vorsorge, Impfungen, ambulante OPs, Physio/Ergo. Keine Praxisgebühr. |
| Stationäre Behandlung | Allgemeine Abteilung im gelisteten Spital des Kantons, Mehrbettzimmer, kein Wahlarzt. | Allgemeine Krankenhausleistungen in allen Vertragskliniken, Mehrbettzimmer, diensthabender Arzt. Zuzahlung 10 €/Tag (max. 28 Tage). |
| Medikamente | Übernahme ärztlich verordneter Medikamente der Spezialitätenliste nach Abzug Franchise und Selbstbehalt. | Übernahme verordneter GKV-Arzneimittel. Zuzahlung 10 % (5–10 €), Kinder frei. |
| Hilfsmittel | Medizinische Mittel und Gegenstände bei Verordnung, oft mit Selbstbehalt wie bei Medikamenten. | Hilfs- und Heilmittel nach GKV-Richtlinien, meist 10 % Zuzahlung, teilweise Festbeträge. |
| Zahnbehandlung | Nicht abgedeckt, außer Unfallfolgen oder schwere Erkrankungen. | Zahnbehandlung und Zuschuss zu Zahnersatz (ca. 60–75 % der Regelversorgung). Eigenanteile oft hoch. |
| Schwangerschaft/Geburt | Vorsorge, Entbindung, Nachsorge voll gedeckt, keine Franchise oder Selbstbehalt. Mutterschaftsentschädigung 14 Wochen mit 80 % Lohnfortzahlung. | Vorsorge, Entbindung, Nachsorge gemäß Mutterschaftsrichtlinie voll gedeckt. Mutterschaftsgeld nach deutschem Recht nicht relevant, Schweizer Regelung gilt. |
| Pflegeleistungen | Keine separate Pflegeversicherung, nur begrenzte Leistungen für Pflege zu Hause oder im Heim. | Gesetzliche Pflegeversicherung mit Sachleistungen (Pflegedienst, Heimkostenanteil). Kein Pflegegeld für häusliche Pflege durch Angehörige. |
| Eigenbeteiligung | Jahresfranchise ab 300 CHF, danach 10 % Selbstbehalt bis max. 700 CHF pro Jahr (Erwachsene). | Keine Jahresfranchise, nur kleine Zuzahlungen, Belastungsgrenze bei 2 % des Bruttoeinkommens. |
Vor- und Nachteile der deutschen Aushilfskasse im KVG-Modell für Grenzgänger
Die Kombination aus Schweizer Krankenversicherung nach KVG und deutscher Aushilfskasse ist für viele Grenzgänger eine attraktive Lösung. Sie ermöglicht medizinische Versorgung in beiden Ländern und kann besonders für Besserverdienende finanziell interessant sein.
Dennoch gibt es Punkte, die man genau prüfen sollte.
Vorteile
- Medizinische Versorgung in zwei Ländern: Grenzgänger können Behandlungen sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland in Anspruch nehmen. Das bietet hohe Flexibilität und ermöglicht, je nach Bedarf das passendere Gesundheitssystem zu nutzen.
- Ergänzende Leistungspakete: Über die Aushilfskasse stehen in Deutschland Leistungen zur Verfügung, die die Schweizer KVG nicht abdeckt, zum Beispiel Zahnbehandlungen, Kuren oder umfassendere Pflegeleistungen. Umgekehrt bietet die KVG Vorteile wie Mutterschaftsentschädigung mit Lohnfortzahlung.
- Günstig für Besserverdienende: Schweizer Prämien sind einkommensunabhängig und liegen bei hohen Einkommen deutlich unter den Höchstbeiträgen der deutschen GKV.
- Nur ein Beitragspflichtiger Versicherungsvertrag: Die deutsche Aushilfskasse ist beitragsfrei, gezahlt wird nur an die Schweizer Kasse.
- Vertrautheit mit dem deutschen System: Viele schätzen, weiterhin wie gewohnt in Deutschland zum Hausarzt oder Facharzt gehen zu können.
- Mitversicherung von Familienmitgliedern: Angehörige, die ebenfalls in der Schweiz versichert sind, können eine deutsche Gesundheitskarte erhalten und in Deutschland Leistungen nutzen.
- Günstige Prämien für Kinder: Kinderprämien in der Schweiz sind oft sehr niedrig, unabhängig vom Einkommen der Eltern.
- Geringe Eigenbeteiligung in Deutschland: Planbare Behandlungen können in Deutschland mit nur geringen Zuzahlungen erfolgen, wodurch sich die Schweizer Franchise umgehen lässt.
Nachteile
- Kein Arbeitgeberzuschuss in der Schweiz: Die gesamte Prämie wird vom Arbeitnehmer gezahlt, anders als in Deutschland, wo der Arbeitgeber hälftig beteiligt ist.
- Keine kostenlose Familienversicherung: Für jedes Familienmitglied muss eine eigene Versicherung abgeschlossen werden, was die Kosten erhöhen kann.
- Keine deutschen Geldleistungen: Es gibt kein Krankengeld, kein Pflegegeld und kein Mutterschaftsgeld aus der deutschen Sozialversicherung.
- Zwei Versicherungssysteme parallel: Verwaltung und Kommunikation müssen sowohl mit der Schweizer Kasse als auch mit der deutschen Aushilfskasse erfolgen.
- Begrenzte individuelle Leistungswahl: Sowohl KVG als auch GKV sind gesetzlich festgelegt, für Sonderwünsche braucht es Zusatzversicherungen.
- Prämien- und Wechselkursrisiken: Schweizer Prämien können jährlich steigen, und der Wechselkurs kann die Kosten in Euro beeinflussen.
Für alleinstehende Grenzgänger und Doppelverdiener ohne Kinder überwiegen oft die Vorteile: geringere Kosten, breite Leistungsabdeckung und Flexibilität bei der Behandlung. Familien mit nur einem Hauptverdiener müssen genauer rechnen, da die fehlende beitragsfreie Mitversicherung die Ersparnis verringern kann. Einschränkungen bei Lohnersatzleistungen lassen sich meist durch private oder betriebliche Absicherung ausgleichen.
Alternativen zum Modell „Aushilfskasse“: Deutsche GKV oder PKV im Vergleich
Neben der Schweizer Krankenversicherung mit deutscher Aushilfskasse gibt es für Grenzgänger im Rahmen des Optionsrechts zwei weitere Möglichkeiten: die freiwillige gesetzliche Krankenversicherung in Deutschland (GKV) oder eine private Krankenversicherung (PKV). Beide Varianten unterscheiden sich deutlich in Kosten und Leistungsumfang vom KVG-Modell.
Freiwillige gesetzliche Krankenversicherung in Deutschland (Optionsmodell GKV)
Bei dieser Variante entscheidet sich der Grenzgänger, keine Schweizer KVG-Versicherung abzuschließen, sondern Mitglied einer deutschen gesetzlichen Krankenkasse zu bleiben oder zu werden. Voraussetzung ist eine Befreiung von der Schweizer Versicherungspflicht mit Nachweis der deutschen Versicherung.
Die Beiträge müssen vollständig selbst getragen werden, da es keinen Arbeitgeberanteil gibt. 2025 liegen sie bei rund 18 bis 19 Prozent des Bruttoeinkommens, inklusive Kranken- und Pflegeversicherung. Die Beitragsbemessungsgrenze sorgt dafür, dass ab einem Jahreseinkommen von etwa 59.850 Euro nicht mehr gezahlt wird; der Höchstbeitrag liegt damit über 1.000 Euro monatlich. Im Vergleich zu typischen Schweizer Grenzgängerprämien von 200 bis 300 Euro ist dies in den meisten Fällen deutlich teurer.
Ein Vorteil der GKV ist die beitragsfreie Familienversicherung für nicht erwerbstätige Ehepartner und Kinder. Für Familien mit mehreren Kindern kann das den Kostennachteil teilweise ausgleichen. Leistungstechnisch ist man wie jeder GKV-Versicherte abgesichert, inklusive Krankengeld, Mutterschaftsgeld, Pflegeleistungen und Zahnersatz. In der Schweiz ist man jedoch nur für Notfälle abgesichert, zum Beispiel über die Europäische Krankenversicherungskarte. Geplante Behandlungen im Arbeitsland sind nicht enthalten.
Das Modell eignet sich vor allem für Personen mit niedrigem Einkommen, großen Familien oder kurzer Beschäftigungsdauer in der Schweiz. Für die meisten vollzeitbeschäftigten Grenzgänger ist es jedoch aufgrund der hohen Kosten und der eingeschränkten Abdeckung im Arbeitsland weniger attraktiv.
Private Krankenversicherung (PKV) für Grenzgänger
Die PKV ist die zweite Befreiungsoption. Hier wird eine private Krankenversicherung in Deutschland abgeschlossen oder eine bestehende fortgeführt. Die Beiträge richten sich nach Eintrittsalter, Gesundheitszustand und Leistungsumfang. Für junge, gesunde Alleinstehende können Tarife ab etwa 300 bis 400 Euro monatlich beginnen, was günstiger als die GKV sein kann, jedoch meist teurer als die Schweizer KVG-Prämie bleibt.
Die PKV ermöglicht es, den Leistungsumfang individuell zu gestalten – bis hin zu Chefarztbehandlung, Einzelzimmer oder vollständiger Erstattung von Zahnersatz. Jeder Angehörige benötigt jedoch eine eigene Police, und es gibt eine Gesundheitsprüfung vor Vertragsabschluss.
In beiden Ländern gilt das Kostenerstattungsprinzip: Der Versicherte bezahlt die Rechnung und reicht sie zur Erstattung bei der PKV ein. Es gibt keine deutsche Aushilfskasse und damit keinen Sachleistungsanspruch in Deutschland. Für Grenzgänger ist besonders wichtig, dass der gewählte Tarif auch geplante Behandlungen in der Schweiz vollständig abdeckt.
Ein Nachteil der PKV ist das eingeschränkte Rückkehrrecht in die GKV. Wer einmal privat versichert ist, kann nur unter bestimmten Bedingungen wieder in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln, ab 55 Jahren praktisch gar nicht mehr. Zudem sind Beitragserhöhungen im Alter ein relevantes Risiko.
Die PKV kann für bereits privat Versicherte oder für Personen mit sehr hohen Leistungsansprüchen interessant sein. Im Preis-Leistungs-Verhältnis liegt das KVG-Modell mit Aushilfskasse jedoch in den meisten Fällen vorne.
Gegenüberstellung der Optionen
Die drei wichtigsten Modelle für Grenzgänger – Schweizer KVG mit Aushilfskasse, freiwillige deutsche GKV und deutsche PKV – unterscheiden sich deutlich bei Kosten, Leistungen und Flexibilität.
| Schweizer KVG + Aushilfskasse | Deutsche GKV (freiwillig) | Deutsche PKV | |
|---|---|---|---|
| Beitragskosten | Einkommenunabhängig, etwa 200–300 CHF pro Monat pro Erwachsenem, je nach Alter und Kanton. Kinder mit reduzierter Prämie. In der Regel günstiger als deutsche Beiträge bei mittlerem und hohem Einkommen. | Rund 18 % vom Bruttoeinkommen, vollständig vom Arbeitnehmer zu tragen. Höchstbeitrag etwa 1.000 € monatlich. Familienangehörige beitragsfrei mitversichert. | Beitrag nach Alter, Gesundheitszustand und Tarif. Für junge Singles oft 300–500 € monatlich. Steigt mit dem Alter. Jede Person benötigt eine eigene Police. |
| Leistungsumfang medizinisch | Grundversorgung nach KVG in der Schweiz plus voller GKV-Leistungskatalog in Deutschland über die Aushilfskasse. Abdeckung in beiden Ländern. Keine Wahlleistungen wie Privatklinik enthalten, Zusatzversicherung möglich. | Voller GKV-Katalog, regulär nur in Deutschland nutzbar. In der Schweiz nur Notfallversorgung über EHIC. Für planbare Behandlungen muss man nach Deutschland. | Leistungsumfang je nach Tarif. Behandlungen in der Schweiz nur, wenn Tarif dies vorsieht. Möglichkeit zu Wahlleistungen wie Einzelzimmer oder Chefarzt. Kein Sachleistungsprinzip, immer Kostenerstattung. |
| Lohnfortzahlung und Geldleistungen | Krankentaggeld nach Schweizer Regelung (Arbeitgeber oder Zusatzversicherung). Mutterschaftsentschädigung 14 Wochen mit 80 % Lohnfortzahlung. Pflege: Sachleistungen der deutschen Pflegeversicherung, kein Pflegegeld. | Krankengeld ab der 7. Krankheitswoche. Mutterschaftsgeld nach deutschem Recht (ggf. nicht relevant, wenn Schweizer Leistungen greifen). Pflegegeld und Pflegesachleistungen wie in Deutschland. | Krankentagegeld nur, wenn im Vertrag vereinbart. Keine gesetzliche Pflegeversicherung, kann privat ergänzt werden. Kein Mutterschaftsgeld. |
| Arztwahl und Zugang | In der Schweiz freie Wahl unter KVG-anerkannten Ärzten, in Deutschland freie Wahl unter GKV-Ärzten. Versorgung in beiden Ländern möglich. | In Deutschland freie Wahl unter GKV-Ärzten. In der Schweiz nur Notfallversorgung. | In Deutschland und der Schweiz freie Arztwahl, Kostenübernahme je nach Tarif. Behandlung zunächst selbst zahlen, dann einreichen. |
| Verwaltung | Zwei Versicherungssysteme mit zwei Karten. Koordination bei Einrichtung erforderlich, danach wenig Bürokratie. Beiträge nur an die Schweizer Kasse. | Ein Vertrag in Deutschland, keine Abstimmung mit der Schweiz nötig. Keine Routineversorgung im Arbeitsland. | Ein Vertrag bei der PKV. Arztrechnungen selbst einreichen. Befreiung von der Schweizer Versicherungspflicht nötig. |
| Bindung und Wechselmöglichkeit | Wechsel der Schweizer Kasse jährlich möglich. Wechsel der Aushilfskasse jederzeit mit neuem S1-Formular. Rückkehr in deutsche GKV bei Ende der Schweiz-Tätigkeit garantiert. | Wechsel innerhalb der GKV möglich. Optionsentscheidung bindet bis Ende der Beschäftigung in der Schweiz. Rückkehr ins KVG-Modell nur in Ausnahmefällen. | Wechsel schwierig, Altersrückstellungen gehen verloren. Rückkehr in GKV nur bei Erfüllen strenger Kriterien, ab 55 Jahren praktisch ausgeschlossen. |
Das Modell Schweizer KVG plus deutsche Aushilfskasse ist für die meisten Grenzgänger die günstigste und zugleich leistungsstärkste Variante. Es kombiniert niedrige, einkommensunabhängige Prämien mit medizinischer Versorgung in beiden Ländern.
Die freiwillige GKV punktet mit beitragsfreier Familienversicherung, ist aber bei mittlerem und hohem Einkommen teuer und deckt im Arbeitsland nur Notfälle ab.
Die PKV bietet auf Wunsch sehr hohe Leistungen und Wahlfreiheit, ist jedoch für Familien kostspielig und kann langfristig den Wiedereintritt in die GKV erschweren.







