Alles rund um DieElementarpflichtversicherung
Was das ist, was sie kostet und warum jetzt Bewegung reinkommt
In Deutschland wird viel über Hochwasser, Starkregen und Überschwemmungen gesprochen – aber viel zu wenig über das, was danach passiert. Denn wenn Keller volllaufen oder Häuser absaufen, ist oft unklar: Wer zahlt das jetzt eigentlich? Viele verlassen sich auf den Staat. Manche denken, ihre Gebäudeversicherung deckt das schon.
Die bittere Wahrheit: Nur rund 54 % aller Wohnhäuser in Deutschland sind überhaupt gegen Elementarschäden versichert. Und genau hier kommt die Elementarpflichtversicherung ins Spiel. Die Idee: Hausbesitzer sollen verpflichtet werden, eine Versicherung gegen Naturkatastrophen abzuschließen – damit im Ernstfall nicht jeder leer ausgeht oder auf Staatshilfe hoffen muss. Die politische Diskussion läuft seit Jahren, 2025 könnte es aber wirklich ernst werden.
In diesem Beitrag

Was ist eine Elementarpflichtversicherung überhaupt?
Kurz gesagt: Eine Versicherung, die Pflicht wird – für alle Hausbesitzer in Deutschland. Es geht um die Absicherung von Schäden durch Naturereignisse, die über das hinausgehen, was eine normale Gebäudeversicherung abdeckt. Dazu gehören unter anderem:
- Überschwemmungen durch Hochwasser oder Starkregen
- Rückstau aus der Kanalisation (wenn Rückstausicherung vorhanden)
- Erdrutsch, Erdsenkung oder Erdbeben
- Grundwasser, das an die Oberfläche tritt
- Lawinen oder Schneedruck
Wichtig: Schäden durch aufsteigendes Grundwasser im Mauerwerk – also oft bei Bauschäden – sind nicht mit abgedeckt.
Die Idee der Elementarpflichtversicherung ist, das Risiko auf alle Hausbesitzer zu verteilen – egal, ob sie in einer Hochwasserzone leben oder nicht. So werden Beiträge günstiger und der Staat muss im Katastrophenfall nicht mehr einspringen.
Warum wird die Elementarpflichtversicherung gerade jetzt so diskutiert?
Ganz einfach: Weil das Klima kippt – und damit auch die Schadenssummen. 2024 lagen die versicherten Schäden durch Unwetter in Deutschland bei 5,5 Milliarden Euro. 2021 – beim Ahrtal-Hochwasser – betrug der durchschnittliche Schaden pro Haus sogar über 42.000 Euro.
Und das, obwohl laut Umfragen 29 % der Hausbesitzer überhaupt keine Rücklagen haben. Wer etwas angespart hat, kommt im Schnitt auf rund 17.000 Euro – viel zu wenig, um nach einer Überschwemmung wieder aufzubauen. Das zeigt: Ohne verpflichtenden Versicherungsschutz geht’s für viele schnell an die Existenz.
Was plant die Politik in 2025 zur Elementarpflichtversicherung?
Nach Jahren des politischen Stillstands scheint es 2025 Bewegung zu geben. Die neue Bundesregierung aus Union und SPD hat sich im März in den Koalitionsverhandlungen klar für die Einführung einer Elementarpflichtversicherung ausgesprochen.
Geplant ist:
- Im Neugeschäft (also bei neuen Versicherungsverträgen) soll nur noch eine Wohngebäudeversicherung mit integriertem Elementarschutz angeboten werden.
- Für bestehende Verträge ist ein Stichtag geplant – ab dem alle um eine Elementarschadenversicherung ergänzt werden.
- Zusätzlich soll eine staatliche Rückversicherung eingeführt werden, damit auch Häuser in Risikozonen versichert bleiben.
Das bedeutet konkret: Für Hausbesitzer gibt’s kein Schlupfloch mehr – wer versichert ist, hat den Elementarschutz automatisch mit drin.
Was kostet die Elementarpflichtversicherung?
Die gute Nachricht zuerst: Für den Großteil der Immobilien wird es nicht teuer. Die Durchschnittskosten liegen bei etwa 190 Euro im Jahr – also knapp 16 Euro im Monat.
Die Beitragshöhe richtet sich nach der Gefährdungsklasse des Gebäudes:
- Klasse 1 (92,4 % aller Gebäude): Sehr geringes Risiko → unter 100 Euro im Jahr
- Klasse 2–3 (mittleres Risiko): 100–250 Euro
- Klasse 4 (hohes Risiko – z. B. direkt am Fluss): mehrere hundert Euro jährlich
Wichtig: Viele Versicherer verlangen einen Selbstbehalt, also einen Eigenanteil im Schadensfall. Trotzdem ist der Versicherungsschutz deutlich günstiger als die Schäden, die er abdecken kann.
Was sind die Vor- und Nachteile der Elementarpflichtversicherung?
Vorteile der Elementarpflichtversicherung
- Sicherheit für alle: Niemand steht im Regen, wenn das Haus absäuft.
- Solidarität: Viele zahlen wenig – und sichern damit auch die, die es härter trifft.
- Planungssicherheit: Hausbesitzer und Staat wissen, wer im Ernstfall zahlt.
- Weniger staatliche Hilfen nötig: Der Steuerzahler wird entlastet.
Nachteile der Elementarpflichtversicherung
- Zusätzliche Belastung: Für manche Haushalte kann die Pflicht teuer werden.
- Weniger Prävention?: Kommunen könnten sich zurücklehnen („Alle sind ja versichert“).
- Komplexe Prämienberechnung: Besonders für Hochrisikogebiete ist die faire Kalkulation schwierig.
- Pflicht statt Freiheit: Manche sehen darin einen Eingriff in die Selbstbestimmung.
Wie machen’s andere Länder? Ein Blick nach Frankreich
Frankreich gilt oft als Vorbild. Dort gibt’s seit 1982 eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden, die über ein Solidarprinzip funktioniert. Alle zahlen mit – unabhängig vom Risiko.
Das Ergebnis:
- 98 % Versicherungsquote
- Durchschnittlich nur 26 Euro Jahresbeitrag
- Solidarisch statt risikobasiert
- Verfassungsrechtlich verankert
Ob sich dieses System 1:1 auf Deutschland übertragen lässt, ist fraglich – aber es zeigt: Pflicht heißt nicht automatisch teuer. Und Solidarität kann auch bezahlbar sein.
Welche Umsetzungsmodelle sind im Gespräch?
Aktuell gibt’s vier Modelle in der Diskussion:
- Pflichtmodell: Jeder Hausbesitzer muss eine Elementarschadenversicherung abschließen. Punkt.
- Opt-out-Modell: Automatisch dabei, wer will, kann aktiv widersprechen.
- Opt-in-Modell: Versicherer müssen das Produkt aktiv anbieten – aber der Kunde muss selbst handeln.
- Basisschutz + Rückversicherung: Gesetzlicher Grundschutz für alle, abgesichert durch den Staat – mehr geht optional.
Was davon am Ende umgesetzt wird, entscheidet sich 2025.
Fazit: Die Elementarpflichtversicherung kommt – es geht nicht mehr anders
Die Elementarpflichtversicherung ist nicht mehr nur eine Idee auf dem Papier. Sie wird kommen – weil sie kommen muss. Zu viele Häuser sind ungeschützt. Zu viele Menschen wären im Ernstfall ruiniert. Und der Staat kann nicht jedes Mal Milliardenhilfen stemmen.
Die Pflichtversicherung ist kein Allheilmittel. Aber sie ist ein realistischer, solidarischer und langfristig sinnvoller Weg, um den Schutz vor Naturgefahren fair und bezahlbar zu gestalten. Klar, sie wird für einige unbequem. Aber für alle besser.In Zeiten, in denen das Klima kippt, braucht es keine freiwillige Absicht – sondern verbindlichen Schutz. Und genau das leistet die Elementarpflichtversicherung.






